Wir sprechen Japanisch...

Liebe Freunde,

 

Diesmal habe ich von Monika den Auftrag erhalten, Euch einen Ostergruss zu schreiben - also keinen Rundbrief - was mir ein wenig schwer fiel, denn Ostern wird hier in Japan gar nicht gefeiert. Also keine Schokoladenostereier, keine Schokoladenhäschen und auch keine anderen geschmacksvollen Süssigkeiten, die Ihr vielleicht gerade nascht, während ihr folgende kleine Geschichte von mir lest:

 

Die armen Japaner - oder wie es denn die Japaner mit uns aushalten......

 

Ich war da einmal in einem Starbucks.....Starbucks, für mich ganz klar, ist internationaler Boden, egal wo sich der Starbuck auf unserem Planeten befindet.

Ich erwarte, dass der Kaffee wie üblich qualitativ schlecht ist (ausser vielleicht dem Espresso), dass er teuer ist (im Vergleich zur USA (dort ist er auch schlecht, aber dafür gibt's "Refill" - doch wer will das schon...)) und dass die Bedienung weiss, dass sich Ausländer eventuell heimisch fühlen und deswegen erwarten die Angestellten Komplikationen, denn sie können ja nicht wissen, wie es so ist auf dem Rest der Welt.


Auf diesem scheinbar sicheren Grund stellte ich mich nun gutgelaunt in die Schlange eines eben solchen Starbucks und bestellte einen schönen, dunklen Schokoladen-Donut.

"Donat onegaishimas, Schokola-Donat" und erhob dazu meinen Zeigefinger, der in Japan nicht ein "Warn-Finger" ist, sondern Ausdruck einer Zahl. Die Japanerin hinter dem Tresen schaute mir kurz auf die Nasenspitze, da direkter Augenkontakt in Japan Ausdruck von unverhohlener Agression darstellt und holte tief Luft. Ich wurde eingedeckt mit 2-5 Sätzten - ich wusste nicht, wo und ob Punktierung darin eingebaut war.

Nun sind wir ja schon seit 5 Wochen hier in Tokyo und wissen daher, mit uns Ausländern wird aus Höflichkeit nicht in Baby-Sprache gesprochen ("was du wollen?"), sondern man spricht mit uns in der höflichsten Form - und das ist wahrlich nicht einfach und auch nicht kurz!

Mit einem Adrenalinschub meinerseits, weil ich merkte, dass dies hier nun doch komplizierter werden könnte, garantierte ich mir höchste Aufmerksamkeit und schnappte drei Worte von ihr auf: "Donut", "Schokola", "Karamel".

 

Bingo, die hatten Auswahl!

 

Ich lächelte und erwiderte: "Hai, Schokola onegaishimas" - mein Mundwasser lief bereits zusammen!

 

Gleichzeitig trafen sich unsere Augen...den Kopf senkend, suchte ich meine Fussspitzen, waehrend sie die Gebäckzange in ihrer Hand anschaute, als wäre diese noch nie dagewesen. Auf die Schuhe konzentrierend, trafen mich wieder ein paar Sätze und mein gelernter Wortschatz war derselbe wie vorher und oh weh, wieder waren es die gleichen Worte welche ich verstand: "Donut", "Schokola", "Karamel".

 

Nun denn, bei Auswahl kann man ja nicht nur bejahen, auch verneinen ist eine Möglichkeit (das sogenannte Ausschliessverfahren) - muss ich immer mit meiner Japanisch-Lehrerin so machen, damit die Satzstellung unnötig länger wird und ich mehr Fehler machen kann - sie sieht das anders....


Und das geht dann so: "Iie, Karamel-Donat dewa arimasen, Schokola-Donat onegaishimas!" - das heisst eigentlich wörtlich übersetzt: "Nein, das ist kein Karamel-Donut, das ist ein Schokoladen-Donut bitte!"


Nun, das war dann für die Angestellte doch zuviel der widerspenstigen und störrischen Art.


Sie nahm einen der schönen, dunklen Donat, sah mir unverwandt auf die Nasenspitze und sagte langsam und leise:"Karamel".


Hier waren wir also nun bei der Baby-Sprache angekommen und ich war der Chance mein Gesicht zu wahren entledigt.

Ich blickte von Donat auf Fussspitzen und zurück und von dort ins Buffet, las das Schild, welches die schönen, dunkelbraunen Donats anpries mit Karamel!


Ich lächelte scheu ihre Nasenspitze an, meinte dann zum Donat gewandt "hai, Karamel" - "ja, Karamel" - und dieser verschwand dann in einem Papiertütchen und ich möglichst schnell in der Menge mit einem "sumimasen", welches gottseidank zwei Bedeutungen hat: "Danke" und "Entschuldigung".


Ich schliesse jetzt Japaner, die mich aushalten müssen, für bis zu zwei Jahre ins Abendgebet mit ein.


Frohe Ostern und liebste Grüsse aus dem Sushi-land


Daniel & Monika