die Japanischen Alpen

Liebe Freunde

(Daniel schreibt...wieder ’mal)

 

Wie wir im letzten Brief bereits angetönt haben, waren wir in Erwartung einer Woche „Rundreise mit dem Auto durch die japanischen Alpen“ zusammen mit unseren Freunden Tom und Patrizia, was wir unterdessen nun auch erfolgreich durchgeführt haben.

Nun zu diesem Unterfangen, sprich’ Ferien:


Wir haben uns für eine Woche ein Auto gemietet. Klever, wie wir sein wollten, fuhren wir zwecks Anmietung dieses Autos extra zum Flughafen...„da können die Mitarbeiter der Autovermieter sicher etwas englisch“...dachten wir...ja, und beim Denken (Hoffen) blieb es dann auch! Es war natürlich nicht so! Aber sie hatten alle ein Blatt Papier mit englischen Sätzen vor sich liegen und uns wurde auf jede von uns gestellten Frage beharrlich auf den folgenden Satz gezeigt: „please wait while we check the availability of the desired car“...aber auf dem wunderschönen Prospekt mit den noch schöneren Fotos von allen ihren Autos war leider kein Allrad, was wir ja eigentlich mieten wollten und mit der gleichen Beharrlichkeit fragten wir sie , ob sie denn auch Allradfahrzeuge vermieten würden...Ihr merkt nun sicher, es handelt sich hier um eine sich wiederholende Situationskomik...(evtl. hätte sie uns den Satz „sorry, this type of car we do not have“" zeigen sollen, oder die Dame ist vielleicht auch jedes Mal einfach ein paar Zeilen verrutscht....) Jedenfalls kamen wir drei Stunden später müde und leicht entnervt und natürlich ohne einen Mietvertrag nach Hause.


Per Internet, zum Teil mit Navigation durch diverse japanische Seiten und unter zu Hilfenahme sämtlicher Sprachdictionaires, ging es dann doch noch (nach weiteren drei Stunden). Nicht aber ohne, dass wir danach noch extra mit der U-Bahn zur Mietstation fuhren und explizit nochmals nachfragten, ob dann alles o.k. sei für die Automiete am nächsten Freitag. Dies alles, weil die elektronische Reservationsbestätigung in englisch nur eine Buchungsnummer ausspuckte, aber keinen dazugehörenden Text...

 

Und unser Abenteuer konnte beginnen!


Unsere erste humorvolle Station war bereits nach 5 Minuten Fahrt erreicht. Eine Autobahnzollstation downtown in Tokyo.

Auf den, auch für mich sehr wohl verständlichen Satz des Kassiers „700 Yen, bitte“, meinte ich nervös nur „Nikko“, weil ich dachte, der will sicher wissen, wohin wir wollen - was im Auto ein brüllendes Lachen aller hervorrief und auch der Kassierer schüttelte nur leicht lächelnd den Kopf.


Solche „kleine“ Missverständnisse begleiteten uns von da an dann durch alle Tage, hier nur eine kleine Auswahl:


Gemeinsam wollten wir ja bekanntlich die „Japanese Alps“ überqueren. Auf unserer Karte war eine wunderschöne Strasse eingezeichnet, vorbei an dem berühmten Kuruba Damm auf einer Strasse, gezäumt mit meterhohen Schneewänden. Wir sahen im Vorfeld bereits einige Bilder davon und waren begeistert!  Doch plötzlich waren wir in einer Sackgasse, vollgestopft mit Bussen und Autos und man liess uns einfach nicht weiterfahren. Busse weiter oben aber schienen weiterfahren zu können und das Ganze sah wie ein grosser Bahnhof aus.


Und dann kam uns die Eingabe „Hier ist eine Autoverladestation!“


Nach einiger Zeit fanden wir dann eine nette Frau mit etwas Englischkenntnissen, die uns SCHWEIZERN dann erklärte, dass es sich hier um hohe Berge und tiefe Seen handle und nichts führt darüber hinweg! Nur Busse können, bis sie zur Luftseilbahn kommen, noch ein Stückchen weiter fahren! Wahrscheinlich war das in etwa so, wie wenn die Japaner in Grindelwald mit dem Auto auf die Scheidegg fahren wollten, um dann über den Eiger ins Wallis zu gelangen.....heimlich werden sich die Japaner auch hier über uns totgelacht haben. Und das Ganze nur, weil auf unserer Karte eine Strasse eingezeichnet war, wo eigentlich keine Strasse ist. Dieser Umstand brachte uns dann ein paar zusätzliche 100 Kilometer (und das bei diesen Benzinpreisen!), sowie aber auch eine schöne Fahrt dem Japanischen Meer entlang, ein.


Oder diese: Tom schaffte es einmal mit dem Autoschlüssel in der rechten Hand und in der vollen Absicht sich auch hinter das Steuer zu setzen, sich von links dem Auto zu nähern, die Türe aufzumachen, sich links vorne hinzusetzen, die Türe zu schliessen und erst nach ein paar wirklich langandauernden Sekunden zu merken, dass es hier kein Zündschloss, kein Steuer und auch keine Pedale gab...

  1. Bemerkung: Es ist doch schön, wenn man etwas auswendig kann...nur ist es eben Pech, wenn man es dann nicht brauchen kann.

  2. Bemerkung: „Voll“ bezieht sich wirklich nur auf die Absicht!

Und zuletzt die beste Geschichte: Autobahnrastplatz am Japanischen Meer, Damentoilette. Tom und ich warten draussen beim Auto. Ein schriller Alarm geht ab, rotes Blinklicht kreist, aber so, dass auch die Leute im nahgelegenen Restaurant erschreckt nach draussen blicken. Was geschieht? Alle Leute bleiben stehen, alle sind etwas beunruhigt und meine Phantasie brennt mit mir durch. Ich verbinde den Alarm mit den Tsunami-Warnschildern, welche hier alle paar Meter aufgestellt sind und die einem den Weg weisen, für den Fall „wenn“. Patrizia und Monika kommen aus der Damentoilette gerannt. Sehr gut, dachte ich, wir sollten alle zusammen sein, wenn irgendetwas passiert. Und Monika meinte trocken: „weg hier!“ „Was geht hier wohl ab?“, meinte ich zu ihr und sie antwortete: „ich wollte spülen, da waren ein paar Knöpfe und...ich hab wohl den Alarm erwischt...“


(Zu Ihrem „geistigen Schutz“ sei hier kurz erwähnt, dass alle Toiletten in Japan ein wahres Hightech Wunderwerk sind, mit mindestens 5 Knöpfen. Die Chance, die Toilette nicht wie geplant zu verlassen, ist also absolut vorhanden....)

 

Aber, mal abgesehen von all diesen kleineren und grösseren Abenteuern, ist so einen Autorundfahrt in Japan richtig toll!

Wir haben unendlich viele Eindrücke erhalten von z.B. Bambus im Schnee auf 2'400m, Rolltreppen in Wandergebieten, wunderschönen Gartenanlagen bis hin zu Dörfern mit reedgedeckten alten Bauernhäuser, welche notabene ein "Worldheritage" sind, (angeschrieben sind sie aber wie ein "Japanheritage" – alles nur auf Japanisch!).

Apropos japanisch: Hotels sind übrigens nicht immer in Japanisch mit „Hoteru“ angeschrieben, was uns doch zweimal in ländlichem Gebiet veranlasste, in einem Haus, das aussah wie ein Hotel, zu fragen: „Sumimasen, hoteru desu ka?“ – „Entschuldigen Sie bitte, ist dies ein Hotel?“ Einmal hatten wir Glück und es war tatsächlich ein Ryokan (typisches japanisches Gästehaus ohne westliche Zimmer), das andere mal war es irgend etwas Anderes. Die darauf folgende 5 minütige Erklärung in Japanisch, was es war, haben wir natürlich dann nicht verstanden....

Japanischer konnte es also für uns in diesen Ferien nicht werden.


Wir waren meistens in japanischen Gasthäusern, teils sogar mit hauseigenen Onsen (heissen Quellen), aber immer mit japanischem Nachtessen und japanischem Frühstück - es war super schön!

....Und drei Tage nach den „Wunder“-vollen Ferien fand ich mich dann wieder in einem Airbus A300-330 auf dem Sitz „1A“ von Tokyo nach Seoul, Korea....

 

Mein grösster Wunsch auf diesem Flug wäre eigentlich ganz hinten auf „44K“ zu sitzen gewesen.

Wahrscheinlich war dieser Moment der Höhepunkt, wie different die Firma mich sieht und wie ich mich nach den ersten 100 Tagen CS Japan fühlte.

Konfrontiert mit nicht, respektive spät, kommunizierten Abbauplänen der Firma in Tokyo, anstelle mit den abgemachten Aufbauplänen und einigem Anderen mehr, waren meine Nerven etwas abgegriffen.

All die Telefonate und Gespräche, Botschaften und  Enttäuschungen, Ansichten und kurzfristige, mir grundlos scheinende Änderungen dieser Ansichten, sickerten mir in jenem Moment auf meinem Sitz ins Bewusstsein; Draussen auf dem Rollfeld sah ich umher rasenden Autos und Busse, Flugzeuge, die ins mir Unbekannte abhebten und es roch sicher nach verbranntem Kerosin. Und alle liefen wild gestikulierend in alle Richtungen umher. Ich suchte Zuflucht im "Fasten Seatbelt" Zeichen, welches meine Firma, seit meinem ersten Tag in Tokyo, für mich nicht mehr ausgeschaltet hatte...

 

Nichtsdestotrotz flog ich das erste Mal in meinem Leben nach Süd-Korea und abgesehen von den Querelen in der Firma, war das ja auch mal ganz interessant.

Erster Eindruck waren die etwas heruntergekommenen Wohnblöcke (wie Osteuropa vor der Wende), viele Kirchen, aber keine Tempel. Vieles war in unserer lateinischen Schrift angeschrieben, wenn auch koreanische Zeichen natürlich überall präsent waren.

Die Zeit reichte nicht für ein „Sightseeing“, aber da Korea ja fast vor unserer Haustüre liegt, könnten wir es ja später einmal in unsere Reiseplanung mit einkalkulieren...denke ich....

Einer der grössten Unterschiede zu Japan sind...ihre Sprachkenntnisse! Fast alle Koreaner haben Kenntnisse der englischen Sprache. Wen erstaunt es da noch, dass Süd-Korea die grösste ausländische Studentengemeinschaft in den USA mit über 100'000 Studenten ist! Dass sie dann auch noch fliessend Chinesisch sprechen, sagt ja wohl alles.

Ich denke immer mehr Menschen, die mit nur einer Sprache versuchen durchs Leben zukommen, werden nur einen klitzekleinen Horizont dessen sehen, was wirklich „draussen“ abgeht.

Übrigens gibt es eine Fortsetzung zum Thema Zeitung:

 

Wie in meinem letzten Bericht erwähnt, wird die Zeitung meistens direkt an „Geldeintreiber“ bezahlt, welche regelmässig die Leser zu Hause aufsuchen. 

Da wir langsam jedes Mal, wenn wir das Haus verliessen, an den armen Zeitungsboten dachten, der wahrscheinlich wieder einmal vergebens an unserer Türe klingeln würde, regelten wir die Bezahlung direkt über unsere Rezeption, mit dem Fazit, dass unser Gewissen sich rapide verbesserte.

Gleich nach der Bezahlung aber wollten wir eine Woche in die Ferien und wollten natürlich für diese Woche keine Zeitung haben/bezahlen. Und siehe da - unkompliziert und kundenfreundlich wird uns diese Woche nicht verrechnet. Nur – bis dahin war der Weg steinig!

 

Ich ging zur Rezeption und wünschte dort, dass die Zeitung, „Japanese Times“ für eine Woche den Weg in unseren Briefkasten nicht finden würde.

„Oh“, war die erste Antwort und unterdessen muss ich sagen, ist es, wenn man mir mit „Oh“ antwortet, ein Alarmsignal ersten Ranges. Und wohlgemerkt, das Gespräch fand in Englisch statt. Ich versuchte, mich etwas komplizierter auszudrücken, ganz wie es die Japaner mit uns auch machen. Erwähnte aber mindestens die Hauptworte „Japanese Times“ und „Newspaper“ dreimal pro Satz. „Ehem, ah? Japanese Times?“ Hölle, dachte ich, wir reden hier über eine renommierte Tageszeitung und nicht über ein eben gefundenes Relikt der Edo Zeit. Was soll das jetzt wieder? „Never heard“ kam es jetzt langsam kleinlaut über den Tresen zu mir rüber, aber das wurde gleich noch getoppt mit dem Satz „Is this a new Newspaper?“ Dann doch lieber ein Erdbeben, dachte ich, macht mich irgendwie nicht ganz so hilflos, wie das hier. Auf meiner Zeitung steht irgendetwas wie „Seit 150 Jahren“ und mein Chef-Rezeptionist fragt „new Newspaper?“ Ich fass’ es nicht! Einkreisen, dachte ich mir und meinte zu ihm, dass ich nun seit zwei Monaten, jeden Morgen eine Zeitung im Briefkasten habe, bestehend aus mehreren Seiten Papier, englisch geschrieben und dass sieben Stück von diesem Etwas einfach keinen Platz in meinem Briefkasten hätten und beendete den Satz mit „So desu ne?“ – auf Deutsch, „ist das nicht so?“ „Oh, but you now have Japan-Times! So you mean Japan-Times?“. Ich war völlig baff und wieder hat mich ein Japaner erwischt! Ich war kurz davor wütend zu werden! Ich sagte „Japanese Times“ anstatt „Japan-Times“ und deshalb ging`s nicht. Wenn ich mich nur halb so ernst nehmen würde, wie mich die Japaner ernst nehmen! Ich musste ihm mit einem Schmunzeln antworten: „Sumimasen, Japan-Times“ und ihm fiel sichtbar ein Stein vom Herzen, dass er nicht die Neugründung einer wichtigen Japanischen Zeitung verpasst hatte.

 

Aber diese eine Anekdote steht für viele, die uns fast täglich passieren. „Man“ wird hier für so voll genommen, bis ins kleinste Detail resp. bis auf den kleinsten Buchstaben! Da wird mir des Öfteren regelrecht schwindlig.....und das gerade mir, der doch alles was Schwindel erregt, vermeiden möchte....

Und eine Fortsetzung zum Thema Zeitungen wird sicherlich folgen.....

 

Greetings from the Sushi-Land

 

Daniel & Monika